Gemeinsame Erklärung Marxistisch-Leninistischer Parteien und Organisationen zu den Ereignissen in Kargil

Während Indiens Regierung die Interessen des Landes an den Imperialismus und die multinationalen Konzerne ausverkauft hat, kämpft sie wegen einiger Kilometer Boden, wo kein Grashalm wächst. Eine Regierung nach der anderen hat den Ausverkauf von Indiens Industrien betrieben, seines Finanzsektors, seiner Rohstoffe, seiner reichen Mineral- und Energievorkommen, seiner landwirtschaftlichen Produkte ... und jetzt sogar noch seiner Gene, seiner intellektuellen Eigentumsrechte, seines Reichtums an Wald und Boden, usw. Sie hat vor kurzem sogar die lukrativen "Exportverarbeitungszonen" in "Freihandelszonen" verwandelt, in der die Gesetze und die Gerichtsbarkeit Indiens sehr eingeschränkt sind. Blind weicht sie vor der IWF, der Weltbank und der Welthandelsorganisation zurück und setzt deren Befehle um, während sie vorgibt, das Land zu retten.

Die herrschenden Klassen Indiens haben durchgängig eine Politik der Expansion betrieben. Sie haben die Nachbarländer schikaniert und bedroht und haben versucht, sie zu beherrschen. Die rechte BJP, mit ihrem Hindu-chauvinistischen Kurs, hat diese Politik weiter forciert, indem sie seit Beginn ihrer 13 Monate dauernden Regierungszeit aggressive Töne anschlägt. Zuerst gab es die nukleare Detonationen, dann eine Abschußserie von Raketen mit hohem Profil, eine massive Zunahme des Verteidigungsetats, gewaltige Waffeneinkäufe, die Einrichtung der Kommission zur Nationalen Sicherheit, weitere Zusammenführung der bewaffneten Streitkräfte und der Bürokratie, Neustrukturierung der bewaffneten Streitkräfte und eine stark angeheizte Hysterie gegen Pakistan und gegen Moslems. Nach diesem großen Aufbau war es offensichtlich nur eine Frage der Zeit, bevor sie ein militärisches Abenteuer unternahm. Die Frage, wer den ersten Schuß abgab, ist fast unerheblich; die Gesamtrichtung der BJP ist eine der Konfrontation gewesen. Und gibt es einen besseren Zeitpunkt, dies zu provozieren als gegenwärtig, wenn sie die Aussicht auf eine Niederlage in den kommenden Parlamentswahlen hat?

Natürlich steht Pakistans Nawaz Sharif Regierung vor großen Problemen. Auch dort dient der Krieg dazu, das pakistanische Volk von den Missetaten ihrer Regierung abzulenken. Von diesem Krieg profitieren die Regierungen beider Länder, die Waffenhändler und die Kriegsgewinnler. Die Verlierer sind die Massen in beiden Ländern.

Mit der Zunahme des Protestes in Indien brauchte die Regierung dringend eine Ablenkung. Seitdem sie die "Eindringlinge" ausgemacht hat und dadurch die Frage des Azodhya ihren Reiz verloren hatte, hat sie einen kriegsähnlichen Zustand an den Grenzen forciert. In dieser ganzen Zeit war es schwierig, Wahrheit und Lüge zu unterscheiden, da die indischen Herrscher sich vollkommen widersprechende Erklärungen abgaben.

Von Beginn an wurden vollkommen entgegengesetzte Ansichten von dem 15. Korps von Kaschmir und dem Verteidigungsministerium in Delhi vorgetragen. Später verbot die indische Regierung Pak TV und untersagte allen Journalisten den Zugang zum Gebiet. Was die Motive der indischen Regierung sehr suspekt macht, ist die volle Unterstützung, die sie von den Imperialisten erhält, mit hochrangigen US-Beamten, die ständig in Verbindung mit Indiens Regierenden stehen. Der "private Besuch" Henry Kissingers im Juni, auf dem Höhepunkt der Krise, hat Aufmerksamkeit erregt. Dieser berüchtigte Kriegstreiber, der Indiens Atomexplosionen offen verteidigte, führte "private" Treffen durch mit dem Premierminister, dem Innenminister, dem Außenminister, dem Sekretär des Außenministeriums und dem Hauptsekretär des Premierministers!

Außerdem wurde die Bedeutung der Grenzfrage übertrieben. Bei dem Kampf geht es um hohe Berge (15 000 bis 18 000 Fuß), die für Menschen fast unzugänglich und mehr als sechs Monate im Jahr schneebedeckt sind – eine Region, wo die Grenze schwer auszumachen ist. Sogar indische Verteidigungsanalytiker gaben an, daß, obwohl das Simla-Abkommen von 1972 die Kontrollinie auf der Karte einzeichnete, diese niemals auf dem Boden markiert wurde ... aufgrund der Unzugänglichkeit des Gebietes. Tatsache ist, daß die Kontrolle dieses Gebiets mehrmals von Pakistan auf Indien überging.

Bis 1965 war es unter pakistanischer Kontrolle. Indien hat es sich in diesem Krieg einverleibt. Aber, innerhalb einiger wenigen Jahre wurde es im Abkommen von Taschkent an Pakistan zurückgegeben. 1971 wurde das Gebiet wieder gewaltsam von indischen Truppen besetzt ... der Status Quo wurde im Simla-Abkommen akzeptiert. Trotzdem hat keine einzige Partei behauptet, das Abkommen von Taschkent sei anti-national... tatsächlich wurde es immer hochgelobt.

Diese Grenzkonflikte sind nichts anderes als das Erbe des britischen Kolonialismus, der, als er das Land verließ, die Grenzen vage hielt in dem bewußten Versuch, Kriege anzuzetteln und die Protagonisten zu schwächen. Leider sind die Herrschenden beider Seiten auf die Intrigen der britischen Kolonialisten hereingefallen.

Im gegenwärtigen Kriegsgeschehen gibt es keinen Unterschied in den Standpunkten der parlamentarischen Parteien... alle betreiben den nationalen Chauvinismus in Konkurrenz miteinander. Ob rechts oder "links", alle schreien lauthals im gleichen Ton im Versuch, möglichst viel für die Wahlen herauszuschlagen. Aber mitten im gewaltigen Krach der Gewehre an der Grenze und im hysterischen Geschrei der Medien laufen die echten Kriegsvorbereitungen gegen das indische Volk. In einem Treffen der Polizeichefs und der Sekretäre des Innenministeriums aller Einzelstaaten, das einberufen wurde von dem neu eingesetzten Zentralen Innensekretär (ein Lakei der faschistischen RSS), wurden Geheimpläne für die Steigerung der Angriffe auf das indische Volk ausgeheckt.

Die herrschenden Klassen Indiens haben ständig versucht, die Kaschmirfrage als Erfindung Pakistans und von "Eindringlingen" von der anderen Grenzseite darzustellen. Wenn dies der Fall ist, warum haben sie Angst, eine Volksbefragung in Kaschmir durchzuführen – ein Versprechen, das Nehru vor Jahrzehnten an die UNO machte. Warum verbieten sie eine unabhängige Medienberichterstattung aus der Gegend? Warum gibt es einen solch massiven Einsatz von Armee und paramilitärischen Einheiten in Kaschmir, wenn es nur darum geht, mit einer Handvoll von Eindringlingen fertig zu werden?

Warum wurden im vergangenen Jahrzehnt 60 000 Menschen in Kaschmir abgeschlachtet, Tausende vergewaltigt und gefoltert? Diese Fragen bleiben unbeantwortet. Das Volk in Kaschmir kämpft seit Jahrzehnten für sein Recht auf Selbstbestimmung, sein Recht, als souveräne und unabhängige Republik zu bestehen. Sein gerechter Kampf wird unter den eisernen Stiefeln der Herrschenden Indiens zertreten. Doch der Kampf geht weiter.

Die "Operation Vijay", die von den herrschenden Klassen Indiens in Kargil in die Wege geleitet wurde unter dem Vorwand, die pakistanischen "Eindringlinge" zurückzuschlagen, ist tatsächlich eine Verschwörung zur Unterdrückung des nationalen Befreiungskampfes des Volkes von Kaschmir; eine Verschwörung, um den nationalen Chauvinismus im indischen Volk anzuheizen und abzulenken von den tiefen, internen wirtschaftlichen und politischen Krisen; eine Verschwörung, um den Staatsapparat weiter zu militarisieren und zu faschisieren und ihn auszurüsten mit extrem drakonischen Kräften zur Unterdrückung jeder demokratischen Opposition im Land.

Wir, als Vorhut des Volkes in unseren jeweiligen Ländern, rufen die Völker aller Länder auf, ihren Protest gegen diese Verschwörungen der herrschenden Klassen Indiens zu richten. Wir fordern:

- Stoppt den Grenzkrieg, löst den Konflikt durch Verhandlungen!

- Gegen die Politik der Expansion der indischen Regierung in Südasien!

- Beendet alle Grausamkeiten gegen das Volk von Kaschmir! Rückzug der Armee und der paramilitärischen Kräfte aus Kaschmir!

- Unterstützt das Recht auf Selbstbestimmung des Volkes von Kaschmir!

- Kargil gehört weder Indien noch Pakistan! Kargil gehört dem Volk von Kaschmir!

 

Unterzeichner:

1. Zentralkomitee (Provisorisch) CPI(M-L)(People’s War)

2. Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Philippinen

3. Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Türkei/Marxisten-Leninisten

4. Nationaldemokratische Front der Philippinen